Die Polyvagal-Theorie ist eine Theorie der Psychologie und Neurowissenschaften, die die Beziehungen zwischen dem autonomen Nervensystem, Emotionen und Verhalten erklärt. Die Polyvagal-Theorie nimmt an, dass sich das autonome Nervensystem in Stufen entwickelt hat, wobei jede Stufe ein unterschiedliches Maß an Bereitschaft für überlebensbezogene Reaktionen widerspiegelt. Das vegetative Nervensystem kann in zwei Zweige unterteilt werden: das sympathische Nervensystem, das den Körper auf „Kampf oder Flucht“-Reaktionen vorbereitet, und das parasympathische Nervensystem, das „Erholen und Verdauen“-Reaktionen fördert.
Die Polyvagal-Theorie schlägt einen dritten Zweig des autonomen Nervensystems vor, das als „Social Engagement System“ (soziales Interaktionssystem) bekannt ist und für die Regulierung des sozialen Verhaltens verantwortlich ist, einschließlich des Ausdrucks von Emotionen wie Lachen. Laut der Polyvagal-Theorie wird Lachen als soziales Engagement angesehen, das dazu dient, Sicherheit zu signalisieren und soziale Bindungen aufzubauen. Lachen aktiviert das soziale Bindungssystem und reguliert das sympathische Nervensystem herunter, wodurch das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gefördert wird. Durch die Förderung des Gefühls von Sicherheit und Geborgenheit kann Lachen dazu beitragen, Stress abzubauen und das Wohlbefinden zu fördern.
Dieser dritte Zweig ist der ventrale Vagusnerv. Der ventrale Vagusnerv ist ein Zweig des Vagusnervs, der der längste Nerv im Körper und einer der Hirnnerven ist. Der Vagusnerv entspringt im Hirnstamm, er wandert durch Hals und Brustkorb nach unten und innerviert viele der wichtigsten Organe, einschließlich Herz, Lunge und Verdauungstrakt. Er verbindet sich auch mit mehreren wichtigen Zentren im Gehirn, einschließlich des dorsalen Zweigs des Vagus und des Nucleus ambiguus, die an der Regulierung autonomer Funktionen beteiligt sind.
Lachen löst das soziale Interaktionssystem aus, das das sympathische Nervensystem herunterreguliert und den ventralen Vagusnerv aktiviert. Diese Aktivierung des ventralen Vagusnervs führt zu einer Entspannung des Körpers und einer Abnahme der physiologischen Reaktionen, die mit Stress verbunden sind, wie erhöhte Herzfrequenz und erhöhter Blutdruck.
Die genauen Mechanismen, durch die Lachen den ventralen Vagusnerv stimuliert, sind noch nicht gut erforscht, es wird jedoch angenommen, dass es sich um ein komplexes Zusammenspiel zwischen dem autonomen Nervensystem, dem Gehirn und den am Lachen beteiligten Muskeln handelt. Der körperliche Akt des Lachens löst wahrscheinlich reflexartige Reaktionen im Körper aus, wie z. B. verstärkte Atmung und Kontraktion des Zwerchfells, die den ventralen Vagusnerv aktivieren. Darüber hinaus kann auch die mit Lachen verbundene soziale Interaktion eine Rolle bei der Stimulierung des ventralen Vagusnervs spielen.
Lachen stimuliert also den ventralen Vagusnerv durch ein komplexes Zusammenspiel physiologischer und psychologischer Prozesse, was zu einer Entspannung des Körpers und einer Verringerung der mit Stress verbundenen physiologischen Reaktionen führt.